Phasenumkehr
Phasenumkehr bedeutet in der Galenik, dass eine Emulsion ihren Typ von W/O in O/W ändert (oder umgekehrt), also umschlägt. Das kann beabsichtigt oder versehentlich erfolgen.
Phasenumkehr tritt bei der Cremeherstellung unvermeidlich auf, wenn die innere Phase vorgelegt und die äußere Phase nach und nach zugegeben wird – die „kontinentale Methode“. Während eines Herstellungsvorgangs mit Phasenumkehr haben Sie zuerst eine schöne Emulsion. Die Einarbeitung der äußeren Phase fällt zunehmend schwerer, bis die Emulsion schließlich bricht; wer das Phänomen nicht kennt, ist jetzt vermutlich entmutigt. Beherztes Weitermachen lässt dann wieder eine schöne Emulsion entstehen. Klassisches Beispiel ist die Herstellung von Unguentum emulsificans aquosum nach DAB. Theoretisch sollte die Phasenumkehr dazu führen, dass besonders feine Tröpfchen entstehen. Im genannten Beispiel findet sie auch schlicht deswegen statt, weil Sie von Hand kaum eine zähe Masse wie Unguentum emulsificans in einen Überschuss Wasser einrühren können.
Emulsionen
Wasser und Öl lassen sich nicht stabil mischen. Dafür gibt es zwei Gründe: Grenzflächenspannung und Dichteunterschied. Man kann das Entmischen verzögern, indem man die Mischung andickt – das ist eine Quasiemulsion. Der Einsatz von Mehl, um eine Soße zu binden, fällt in diese Kategorie. Pharmazeutisches Beispiel ist Cold Cream (Kühlsalbe). Wassertröpfchen werden durch ein Gerüst aus Fett und Bienenwachs stabilisiert. Beim Auftragen zerfällt das Gerüst, es werden Wassertröpfchen freigesetzt, verdampfen und ergeben einen Kühleffekt. Eine Fett-/Wachsschicht bleibt auf der Haut zurück.
Mit einem Lösevermittler (Emulgator) kann man die Grenzflächenspannung zwischen Wasser und Öl herabsetzen. In der Küche sind das Legieren mit Ei und die Zugabe von Sahne zu einer Salatsoße die gängigsten Beispiele, nach dem Essen dann der Einsatz von Spülmittel und Putzmittel, um Fettrückstände zu entfernen. Salben, Cremes, Hautmilch und Reinigungsprodukte sind ohne Emulgatoren undenkbar.
Emulsionen kommen in zwei Arten: Entweder ist Wasser die äußere Phase (O/W), oder eben Öl (W/O). Die äußere Phase bestimmt die Eigenschaften einer Emulsion: W/O-Emulsionen fühlen sich fettig an, ziehen nicht gut ein und lassen sich nicht mit Wasser abwaschen. O/W-Emulsionen fühlen sich weniger fettig an, können mit Wasser abgewaschen werden und ziehen gut ein. Im Bereich Küche denken Sie an Sahne (O/W) und Butter (W/O). Welche Art von Emulsion entsteht, hängt von den Mengenverhältnissen der Inhaltsstoffe, der Art des Emulgators, genauer seinem HLB-Wert, und der Temperatur ab.
Emulsionen und Phasenumkehr
Emulgatoren haben amphiphile Eigenschaften, anders gesagt ein hydrophiles und ein lipophiles "Ende". Sie richten sich in Wasser oder Öl jeweils so aus, dass das »passende« Ende der äußeren Phase zugewandt ist. Kleine Mengen Emulgator sammeln sich an den Grenzflächen der Flüssigkeit. Wird mehr Emulgator zugefügt, bilden sich kugelförmige Mizellen. Bei weiterer Beladung entstehen auch lamellare Strukturen (hier nicht abgebildet). Durch Rühren lässt sich eine eigentlich nicht mischbare zweite Flüssigkeit als innere Phase in die Mizellen einbringen.
Emulsionen können auf zwei Arten hergestellt werden:
- Die englische Methode: Sie legen ein Gemisch aus äußerer Phase und Emulgator vor und arbeiten nach und nach in kleinen Anteilen die innere Phase ein. Beim Rühren muss der zugegebene Stoff in das Innere der Mizellen gelangen.
- Die kontinentale Methode: Stellen Sie sich vor, Sie beginnen mit einer Mischung aus Öl und Emulgator und fügen nach und nach Wasser zu. Zuerst bildet sich dann eine W/O-Emulsion, das Wasser landet im Inneren der Mizellen. Irgendwann wird der Wasseranteil so groß, dass dieser Zustand nicht mehr stabil ist. Das sieht schrecklich aus und kann zu Verunsicherung führen. Bei weiterem Zufügen von Wasser bildet sich dann eine O/W-Emulsion, die Mizellen sind quasi »umgedreht«.
Theoretisch kann man mit der kontinentalen Methode eine besonders feine Emulsion erreichen, allerdings kann das auch schiefgehen. Am Punkt der Phasenumkehr sieht die Creme gebrochen aus und sie muss durch Zugabe kleiner Mengen der äußeren Phase in die richtige Richtung gelenkt werden. Praktisch ist es so, dass die Bestandteile der Emulsion oft vorgeben, wie hergestellt werden muss.
Beispiel: Beim Rühren einer Salbe von Hand beginnt man mit den festeren Anteilen und arbeitet nach und nach die flüssigeren Anteile ein. Bei Unguentum Alcoholum Lanae kann dann bis zu 50% des Gesamtgewichts Wasser in die vorgelegte Grundlage eingerührt werden und man bleibt bei einer W/O-Emulsion. Bei Unguentum emulsificans tritt beim Einarbeiten von Wasser in der Gegend von 40% des Gesamtgewichtes eine Phasenumkehr auf. Weitere Wasserzugabe bis zu 70% des Gesamtgewichts führt dann zu einer O/W-Emulsion.
Mit elektrischen Rührgeräten kann man dergleichen Feinheiten oft ignorieren. Mit entsprechend brutaler Gewalt kommt etwas heraus, das zumindest vorübergehend brauchbar ist.
Umkehrung Schritt für Schritt
Vertiefung
Mischungsdreieck
Ein Mischungsdreieck bildet ab, ob bei einem bestimmten Verhältnis von Wasser, Öl und Emulgator eine Emulsion vorliegt.
Stabilität und Haltbarkeit
Stabilität und Haltbarkeit von Emulsionen können verbessert werden, wenn man die Ursachen der Probleme kennt.

Butter
Auch bei der Butterherstellung findet Phasenumkehr statt.
Phasenumkehr verhindern
Manchmal muss man eine Phasenumkehr verhindern. Das erfordert Sorgfalt bei der Herstellung.
Elektroakustik
Phasenumkehr in der Akustik ist meist ein Ärgernis, kann aber auch zum Noise Cancelling genutzt werden.
Definitionen und Fragen
Emulsion im weiteren Sinn ist eine stabile Mischung aus Öl, Wasser und Emulgator. Im engeren Sinn bezeichnet sie eher flüssige Zubereitungen. Milch ist eine Übertragung dieser Definition ins Deutsche. Eine Lotion ist genau besehen eine Schüttelmixtur, also eine Suspension: Feste Stoffe sind in einer Flüssigkeit verteilt. Oft entscheidet aber das Marketing, eine Emulsion als Lotion anzupreisen.
Durch Dichteunterschiede setzen sich die öligen Anteile mit der Zeit oben ab. Dieses Aufrahmen ist im Prinzip umkehrbar. Im Prinzip deswegen, weil gerührt oder geschüttelt werden muss. Das ist in einer Tube nicht möglich.
Beim Brechen sieht die Emulsion geronnen aus oder es haben sich große Fetttropfen gebildet. Das ist nicht mehr reparabel.
Eine Pickering-Emulsion verwendet einen festen Stoff als Emulgator.
- O/W-Emulsionen leiten Strom, W/O-Emulsionen nicht. In der Praxis hat destilliertes oder demineralisiertes Wasser einen hohen Widerstand. Im industriellen Maßstab ist Leitfähigkeitsmessung sicher eine gute Idee.
- Einfacher ist es, eine Probe mit einem wasserlöslichen Farbstoff zu bestreuen. Blutet er aus, ist es O/W.
- Und schließlich können Sie versuchen, ob sich eine kleine Menge Emulsion in Wasser einrühren lässt. Falls ja, ist es O/W.
Fett- und Wasseranteil halten sich bei diesen Produkten ungefähr die Waage, der verwendete Komplexemulgator kann sowohl W/O als auch O/W Emulsionen bilden. Je nachdem, was Sie in eine solche Grundlage einarbeiten, erhalten Sie dann den gewünschten Typ. Bekanntes Beispiel ist die Basiscreme DAC, eine O/W-Emulsion, die dank hohem Anteil an Propylengykol ohne Konservierungsmittel auskommt.