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Alte Standgefäße für Drogen

Beide Gefäße bestehen überwiegend aus Karton, das Fucus-Gefäß hat einen Span-Deckel und einen Griff aus Metall. Ach ja: Droge ist ein Fachausdruck für Heilpflanzen. Früher war dieser Ausdruck auch in der Bevölkerung ohne Beigeschmack bekannt. Er findet sich noch als Wortstamm in der Drogerie.

Fucus vesiculosus

Blasentang ist als Arzneimittel obsolet, allerdings wird in mehr oder minder regelmäßigen Abständen Blasentang-Tinktur auf den Markt gebracht, als Schlankheitsmittel zu gesalzenen Preisen. Rationale dahinter: Blasentang enthält viel Jod. Bei Schilddrüsenunterfunktion kommt es zu Stoffwechselanpassungen, die dazu führen, dass weniger Energie verbraucht wird und Gewichtsprobleme entstehen. Wenn eine Schilddrüsenunterfunktion als Ursache von Übergewicht vorliegt und diese von Jodmangel verursacht ist, könnte Blasentang tatsächlich etwas bewirken. Allerdings können die unkontrolliert großen Jodmengen in Blasentang zu Entgleisungen von vorhandenen Schilddrüsenstörungen führen. Ärztlich beaufsichtigte Therapie ist sicherlich sinnvoller. Zur Vorbeugung empfiehlt sich ein bis zwei mal die Woche eine Mahlzeit mit Meeresfisch.

Scrophularia nodosa

Als Heilpflanze ist Scrophularia schon lange obsolet. Beim Literaturstudium lässt sich herausfinden, dass sie Saponine enthält – wenig überraschend wegen ihrer Verwandtschaft zur Königskerze und daher – das haben Saponine so an sich – in höherer Dosierung zu Magen-Darm-Beschwerden und rotem Urin (Hämolyse) führt.

Die volkstümliche Anwendung gegen Geschwüre beruht vermutlich auf der Signaturenlehre, die ebenfalls überlieferte Anwendung als Diuretikum könnte Flavonoiden geschuldet sein. Aus Verwandtschaftsgründen (auch Fingerhut gehört zu den Braunwurzgewächsen) wären auch Herzglykoside denkbar, in der Literatur fanden sich aber keine Hinweise auf deren Vorhandensein.

Alte Standgefäße für Galenika

Galenika sind arzneiliche Mischungen (oftmals gebrauchsfertig), im Unterschied zu Reinstoffen und Drogen.

Spiritus saponatus

Seifenspiritus wird nach DAB 6 hergestellt, indem Kalilauge und Olivenöl in Ethanol angesetzt werden. Nach vollständiger Verseifung wird weiterer Ethanol und Wasser zugesetzt. Letztlich entsteht eine alkoholische Lösung von Schmierseife, wobei diese – in anderer Konzentration – kurioserweise ebenfalls im DAB 6 enthalten ist: Spiritus Saponis kalini.

In der Apotheke war Seifenspiritus vor der Einführung der modernen Reinigungsmittel Mittel der Wahl zur Reinigung von Gefäßen mit öligen Rückständen. Gelegentlich wurde er auch als Mittel gegen Blattläuse eingesetzt.

Dass das Gefäß mit einem Korken verschlossen ist, liegt nicht etwa an einem verloren gegangenen Stopfen, sondern daran, dass alkalische Flüssigkeiten zum Festfressen von Glasstopfen führen.

Aqua Acidi borici

Borwasser und Borsalbe waren lange Zeit beliebt als gut verträgliche Desinfektionsmittel, zum Beispiel für Wunden und Schleimhäute, obwohl schon in Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis von 1930 zu lesen war, dass Borsäure Wirkungslücken zum Beispiel gegen Schimmelpilze aufweist und dass es zu Vergiftungen durch Resorption kommen kann.

Ein Abschnitt über Borsäure findet sich zum Beispiel in Louis Lewin: Gifte und Vergiftungen (Fünfte Auflage von 1928). Lewin berichtet, dass bereits Mengen ab 1 g auch bei örtlicher Anwendung zu Schäden führen können. Mengen ab 8 g sind tödlich. Lewin berichtet auch über einen Todesfall nach äußerlicher Anwendung von Borsalbe bei Erwachsenen.

1984 zog das Bundesgesundheitsamt nach Berichten über Vergiftungen bei Säuglingen und Kleinkindern (die wegen großem Anteil der Haut am Gesamtkörper, schlechter Ausscheidungsleistung und großer Hautdurchlässigkeit besonders gefährdet sind) die Reißleine und verbot Borverbindungen bis auf die Anwendung zur Isotonisierung von Augentropfen.

Es wird behauptet, dass Bor gegen Osteoporose helfen könne und an der Bildung von Sexualhormonen beteiligt sei. Dies ist unbewiesen und zweifelhaft. Falls dem so wäre, ist der vermutete Bedarf über die übliche Ernährung gedeckt; bei zusätzlicher Zufuhr handelt man sich gesundheitliche Risiken ein.

Borwasser war im Unterschied zu Borsäure nicht im Arzneibuch monographiert. In Apotheken waren 3% eher üblich als 2%, das Standgefäß könnte daher aus einer Drogerie stammen.